Barock
Miniaturen des Barock
Das Zeitalter des Barock ist in der Miniaturmalerei eine wenig bekannte Epoche. Dies hängt unter anderem damit zusammen, dass aus dieser Zeit vergleichsweise wenige Werke existieren, denn das kleinformatige Bildnis war der gesellschaftlichen Oberschicht vorbehalten. Anders als in den darauffolgenden Epochen betonten die Künstler dieser Porträts vorrangig Stand, Reichtum und Überlegenheit des Modells. Dabei bedienten sie sich bisweilen einer Symbolik, die sich dem heutigen Betrachter nicht ohne weiteres erschließt.
Eine junge Kunstgattung
Zu Beginn des Barock war die Bildnisminiatur eine noch junge Kunstgattung. Sie entwickelte sich als eigenständige Darstellungsform im frühen 16. Jahrhundert aus der mittelalterlichen Buchmalerei. Gegen Ende des Jahrhunderts kam es zu einer ersten Blütezeit in England, angeführt von Nicholas Hilliard, Isaac Oliver und seinem Sohn Peter. Im 17. Jahrhundert glänzte weiterhin England als führende Nation des Miniaturporträts. Samuel Cooper gab hier stilistisch und maltechnisch den Ton an und setzte Maßstäbe, die auch heute noch begeistern. Erst nach und nach fasste das Miniaturporträt auch in Frankreich Fuß. Mangels signierter Werke ist es allerdings schwierig, die Künstler zu bestimmen. Hier war es der Hof Ludwigs XIV., der stilbildend wirkte. Nach seinem Vorbild versuchten auch andere europäische Höfe, die Kunst der Miniaturmalerei zu fördern. Auf deutschem Gebiet wurde sie in Berlin, Dresden und Düsseldorf auf ein recht hohes Niveau gehoben, in Dänemark schwang sich Kopenhagen zu einem Zentrum der Bildnisminiatur empor. Nach der Aufhebung des Edikts von Nantes und der Flucht vieler in der Uhrenindustrie spezialisierter Handwerker aus Frankreich blühte die Miniaturmalerei auch in Genf auf, hier in erster Linie in der Technik des Emails.
Nur bei wenigen Stücken kennt man den Künstler. Dies hängt damit zusammen, dass die meisten Maler ihre Werke damals nicht signierten – die Ausnahme bilden englische Künstler – und dass man sich mit Zuschreibungen unsignierter Stücke schwertut. Das Vorhandensein einer Signatur bestimmt freilich nicht die Qualität einer Miniatur, und unter den anonymen Stücken befindet sich manches Meisterwerk.
Standesbewusstsein und Allüre
Im 17. Jahrhundert waren es in erster Linie Herrscher und Angehörige des Adels, die Bildnisminiaturen in Auftrag gaben. Sie ließen ihr Porträt im Kleinstformat malen, um es einerseits an Familienmitglieder oder Freunde zu verschenken, anderseits aber auch, um damit ihren Rang anderen Höfen gegenüber zu demonstrieren oder ihre Loyalität mit ihnen zum Ausdruck zu bringen. Das Miniaturbildnis dieser Zeit spiegelte – wie auch das großformatige Porträt – die hierarchisch strukturierte Gesellschaftsordnung wider. Für die hochgestellten Auftraggeber spielte Wiederkennbarkeit zwar durchaus eine Rolle, ausschlaggebend aber war die Sichtbarmachung der sozialen Zugehörigkeit. Der hohe Rang wurde durch Pose und Ausdruck der Dargestellten, durch Kleidung und Accessoires verdeutlicht. Die Maler legten sich eine Art Repertoire an Posen, Kleidungsstücken und Frisuren an, die sie dem Kunden vorlegten und aus denen dieser sich die gewünschten aussuchen konnte. Dies erklärt, warum viele Bildnisse ähnlich konzipiert sind und nur wenig Individualität besitzen. Männer wählten für ihr Miniaturporträt neben der obligaten Allongeperücke entweder einen leuchtend roten oder blauen Rock und drapierten über die Schultern einen langen Umhang, oder aber sie traten als Armeekommandeure in meist eindrucksvoller Rüstung auf. Die Damen hingegen heben sich durch komplizierte und durch die Verwendung künstlicher Haarteile mögliche Frisuren hervor. Sie ließen sich in kostbaren, tief dekolletierten und spitzenbesetzten Kleidern darstellen, oft ebenfalls mit einem Schultertuch. Als Schmuck waren große Perlenketten oder Haarschmuck aus Perlen beliebt. Ein typisches »Modeaccessoire« der Zeit waren außerdem große Tropfenperlen als Ohrschmuck.
Unterschiedlichste Maltechniken
Die meisten Miniaturen der Barockzeit wurden in Wasserfarben auf feines Pergament, sogenanntes Velin, gemalt, einer bereits in der mittelalterlichen Buchmalerei gebräuchlichen Technik. Losgelöst vom Kontext des schützenden Buchs benötigten die empfindlichen Werke aber Schutz vor Beschädigungen und wurden deshalb mit einem Deckglas versehen. Erst im frühen 18. Jahrhundert wurde diese Tradition aufgebrochen, indem als Malgrund nun vermehrt dünne Elfenbeinblätter verwendet wurden. Eine große technische Neuerung waren auf Email gemalte Miniaturen. Ihre Farbbrillanz und hohe Beständigkeit faszinierten Künstler und Auftraggeber gleichermaßen. Sie schätzten die Technik aber auch wegen ihrer Exklusivität: Emailminiaturen verlangten vom Künstler durch den anspruchsvollen Herstellungsprozess besondere Kenntnisse und großes Geschick. Miniaturporträts wurden damals aber noch in einer ganz anderen Technik gemalt, in Ölfarben auf dünne Metalltafeln. Diese Art des Malens ähnelte der großformatigen Malerei auf Holztafeln und war daher dem traditionell ausgebildeten Maler vertraut. Detailreiche und minutiös ausgeführte Gemälde waren eine Spezialität holländischer Künstler des »Goldenen Zeitalters«.