Das Atelier des Miniaturisten
Porträtminiaturen waren in der Regel Auftragsarbeiten. Sie entstanden entweder nach der Vorlage großformatiger Bildnisse oder aber das Modell ließ sich im Atelier eines Miniaturisten porträtieren.
Handelte es sich um Regenten oder hochstehende Adlige, die die Bildnisse in erster Linie zum Zwecke der Repräsentation nutzten, so wurden Miniaturmaler mit der Anfertigung von Kopien im Kleinformat beauftragt. In den allermeisten Fällen aber war der Entstehungsanlass einer Miniatur ein sehr persönlicher. Dann traf sich der Miniaturist mit seinem Auftraggeber oder seiner Auftraggeberin zu Sitzungen und malte „ad vivum“. Miniaturisten in einer größeren Stadt bestellten ihre Kunden in ihr eigenes Atelier. In der Provinz waren sie oft gezwungen zu reisen und die spärlichere Kundschaft an immer neuen Orten zu suchen. Das Malmaterial musste deshalb transportabel sein.
Die Miniatur von Lorenzo Theweneti vermittelt einen Eindruck von der ungefähren Malsituation: Der Miniaturist arbeitete auf einer hohen Arbeitsfläche oder setzte sein Malpult - einen Kasten mit in der Schräge einstellbarem Deckel - auf einen Tisch. Er arbeitete in Fensternähe so, dass das Licht von links kam, um die Arbeit nicht mit der malenden Hand zu beschatten. Ein nach Norden gerichtetes Zimmer hatte den Vorteil, den Maler nicht durch direkte oder wandernde Sonnenstrahlen zu belästigen. Der für den Maler optimale linksseitige Lichteinfall erklärt die Tatsache, dass in Miniaturen die Dargestellten stets von der gleichen Seite her beleuchtet sind. Sollte das Modell durch lebhaftes Licht-Schattenspiel charakterisiert werden, ließ der Maler es vom Fenster weg nach rechts blicken; war hingegen eine möglichst schattenarme Modellierung vorteilhafter, drehte das Modell den Kopf zur Lichtquelle hin. Diese Beleuchtungssituation findet man in fast allen Miniaturen bestätigt. Die Ausnahmen wurden möglicherweise von Linkshändern gemalt oder aber kopieren seitenverkehrte Druckvorlagen.
In zwei bis drei Metern Abstand nahm das Modell Platz. Haltung, Gestik und Accessoires sollten den Typ und Charakter vorteilhaft zur Geltung bringen. Diese Vorgaben wie auch der davon abhängige Preis mussten im Voraus zwischen Maler und Auftraggeber abgesprochen werden. Preisabhängig waren ferner die Größe der Miniatur, Detailreichtum der Garderobe und des Hintergrunds sowie die Darstellung der Hände. Das Modell wurde immer in neutralem Innenraum porträtiert, auch wenn in der Miniatur später ein kostbares Interieur, eine Balkonaussicht oder eine stimmungsvolle Parklandschaft den Hintergrund bilden sollte; diesen fügte der Maler dann aus seinem „Dekor-Repertoire" bei.