
Verbreitete Schäden
Empfehlungen für einen konservatorisch verantwortungsvollen Umgang mit Miniaturen auf Elfenbein
Miniaturen stellen aufgrund der verschiedenen Materialen, die in Malerei und Rahmen verwendet wurden, komplexe konservatorische Anforderungen. Die Handhabung und Präsentation der oft winzigen und empfindlichen Werke erfordert einige spezifische Vorsichtsmaßnahmen.
Verwölbung des Elfenbeinblattes, Risse
Ab ungefähr 1700 wurden Bildnisminiaturen meistens auf hauchdünne Elfenbeinblätter gemalt. Elfenbein hat von Natur aus die Eigenschaft, sich im Laufe der Zeit etwas zusammenzuziehen Aufgeklebt auf Papier, verformt sich der Bildträger deshalb häufig konkav, was zu Rissen im Elfenbein führen kann (Abb. 1 und 2).
Um die Spannungen und die Rissgefahr zu eliminieren, sollte das Elfenbeinblatt von einer Fachperson von der Rückseitenbeklebung getrennt werden. Gerissene Miniaturen werden durch Aneinanderfügen und Fixieren der gebrochenen Teile restauriert. Verwölbte Miniaturen erfordern oft die Anpassung des Rahmens, damit sie ohne Gefahr für das Elfenbeinblatt eingerahmt werden können.

Abb. 1:
Englisch: Dame in weißem Kleid mit schwarzem Schal. Das Elfenbeinblatt ist am rechten Rand senkrecht gerissen und wurde unschön retuschiert. In der Stirn wurde durch unsachgemäße Reinigung eine große Fehlstelle verursacht.

Abb. 2:
Aufnahme nach der Restaurierung (Inv.-Nr. 11472)
Silberfolien (Paillons)
Das Hinterlegen des Elfenbeinblattes mit einem Stück Silberfolie war in der Miniaturmalerei sehr verbreitet. Es ließ das Elfenbeinblatt heller erscheinen und erhöhte die Kontraste im Gemalten. Die jedoch später zumeist einsetzende Schwärzung des Silbers verursacht dunkle Flecken, die in den transparent gemalten Bildpartien durch das Elfenbeinblatt hindurch wahrgenommen werden. Dieser Vorgang ist meistens irreversibel. Zur Beseitigung der Flecken wird das Elfenbeinblatt von der Silberfolie getrennt und auf ein säurefreies Papierblatt gelegt.
Malschichtabplatzungen
iniaturen wurden mit Gouache- und Aquarellfarben gemalt, deren Bindemittel aus dem wasserlöslichen Gummi Arabikum besteht. Elfenbein ist durch seine leichte Fettigkeit allerdings kein sehr geeigneter Malgrund für Wasserfarbe. Aufstehende Farbschollen (Abb. 3) und Fehlstellen in besonders bindemittelreichen Partien trifft man deshalb recht häufig an. Lose Farbe wird unter dem Mikroskop gefestigt. Es werden wasserfreie Festigungsmittel bevorzugt werden, um die Farben nicht zu erweichen und den Oberflächenglanz nicht zu verändern. In Elfenbeinminiaturen können störende Fehlstellen retuschiert werden; anders als bei Pergament oder Papier, dringen die Farben hier nicht in den Malgrund ein. Die Retuschierfarben dürfen nicht wasserlöslich sein, damit das Original nicht beschädigt wird und die Retuschen jederzeit wieder entfernt werden können.

Abb. 3:
Französisch: Herrenporträt (Ausschnitt des Rocks): Die Farben lösen sich stellenweise vom Malgrund und drohen abzuplatzen. (Privatbesitz)
Schimmel
In feuchtem Klima (relative Feuchte höher als 65%) wachsen auf der Malschicht von Miniaturen Schimmelpilze. Sie überziehen die Malerei mit feinsten Schimmelfäden und bilden filzartige Büschel (Abb. 4), in deren Zentrum sich oft eine feste Kruste befindet.

Abb. 4:
John Smart: Dame in weißem Kleid und blauem Umhang (Inv.-Nr. 10651). Im Hintergrund sind etliche Schimmelbüschel erkennbar
Einige Schimmelarten können die Malerei bräunlich oder gelblich verflecken (Abb. 5 und 6). Die Schimmelbüschel werden mechanisch mit einem Pinsel von der Malerei abgekehrt und nötigenfalls unter dem Mikroskop mit Hilfe eines Skalpells zusätzlich reduziert. Die Malschicht kann anschließend desinfiziert werden. Schimmelflecken auf Elfenbein-Miniaturen können nicht entfernt, durch Eintönen mit reversiblen Retuschen aber optisch verdrängt werden.

Abb. 5:
Franziska Schöpfer: Dame in weißem Kleid mit gelbem Kaschmirschal. Schimmelpilze verursachten in der Malerei zahlreiche bräunliche Flecken.

Abb. 6:
Die Flecken wurden durch reversible Farblasuren optisch verdrängt. (Inv.-Nr. 10707)
Ausbleichen der Farben
Tierische und pflanzliche Farbstoffe waren in der Miniaturmalerei beliebt, hatten aber den Nachteil, dass sie lichtempfindlich sind und ausbleichen. Dieser Vorgang ist irreversibel. Lichtgeschädigte Farbpartien werden nicht retuschiert, denn ihr ursprüngliches Erscheinungsbild kann in den meisten Fällen nicht genau bestimmt werden. Der Schutz vor starker Lichteinwirkung ist deshalb äußerst wichtig.
Weinende Deckgläser
Miniaturen wurden stets mit einem Deckglas geschützt. Es war leicht bombiert, um nicht auf der Malerei festzukleben. Unglücklicherweise wurden diese Gläser in den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts nach einem Rezept hergestellt, das zu viel alkalisches Material empfahl. Das Resultat sind „weinende“ Gläser: Sie bilden mit der Zeit kleine Tropfen an ihrer Oberfläche (Abb. 7). Weinende Deckgläser müssen durch stabile, leicht konvexe Gläser ersetzt werden. Der Rand der Miniatur wird mit der Glaskante durch einen Streifen feinsten Papiers verbunden, um das Eindringen von Schmutz zu verhindern.

Abb. 7:
„Weinende“ Deckgläser. Ein ungünstiges Rezept für die Glasherstellung führte dazu, dass sich mit der Zeit kleine Tropfen an der Oberfläche bildeten