Dame in weißem Kleid mit Fächer
Louis François Aubry
Die Dame mit dem Federfächer zählt zu Aubrys anspruchsvollsten Miniaturbildnissen und entstand zwei Jahre nachdem der Künstler anlässlich der Salonausstellung von 1828 für sein Können mit einer Medaille erster Klasse geehrt worden war. Aubry setzte sein Talent vielfältig ein: Die Vorbereitung des Bildträgers aus mehreren Einzelplatten für die außerordentlich große Elfenbeintafel ist von hervorragender Qualität, so dass im Alter kaum Schäden oder Risse entstanden.1 Auch die Schwierigkeiten beim Malen unterschiedlicher Materialien wie Seide, Federn und Schmuck scheute Aubry nicht. Das verhaltene, aber intensive Lächeln der Dame und die vor dem Bauch verschränkten Hände malte Aubry vermutlich in Anlehnung an das Bildnis der Mona Lisa, von dem er eine Kopie in Öl besass.2
Aubrys Gesamtwerk erscheint im Vergleich etwa mit jenem Augustins oder Isabeys dürftig und enthält zahlreiche Werke in mehrfacher Ausführung. Seine Miniaturen sind qualitativ sehr unterschiedlich, und man vermisst bei vielen Ausdruck und Individualität. Die Stärke dieses Miniaturisten lag in erster Linie im Unterricht, und etliche bedeutende Miniaturisten des 19. Jahrhunderts erlernten das Metier des Miniaturmalers in seinem Atelier.3
Die Dame des vorliegenden Porträts entspricht in Blick und Körperhaltung der Dame in weißem Kleid vor Landschaft von 1823.4 Sie übertrifft bei weitem das ebenfalls großformatige Bildnis der Baronin Benoist mit Harfe von 1814, das Aubry in seinem Atelier behielt und das seine Schüler zu Übungszwecken kopieren konnten.5 Obwohl Aubry bis 1838 Miniaturen ausstellte, zählt das vorliegende Bildnis der Sammlung Tansey zu den letzten bekannten Werken des Künstlers.6
B. P.