The Tansey Miniatures Foundation

The Tansey Miniatures Foundation

Dame in weißem Kleid vor wolkigem Himmel

Jean-Baptiste Jacques Augustin

Da die Miniaturen Augustins wegen ihrer feinen Maltechnik überdurchschnittlich zeitaufwendig und dadurch teuer waren, konnte sich nur eine sehr wohlhabende Kundschaft von diesem Miniaturisten malen lassen. Besonders kostspielig waren Bildnisse von Damen, denn diese malte der Künstler häufig in luxuriösen Interieurs oder vor detailreichen Landschaften. Auch stellte er sie gern in aufwendiger Garderobe und mit Schmuck dar und bezog häufig die "schwierige und deshalb ebenfalls teure"- Darstellung der Hände mit ein. So erstaunt es nicht, daß Damenbildnisse bisweilen etwa doppelt so viel kosteten wie Miniaturporträts von Herren, die oftmals in dunklen Mänteln und vor neutraltonigem Hintergrund dargestellt wurden.1 Das hier wiedergegebene recht schmucklose Porträt einer Dame in schlichtem Empirekleid vor wolkigem Himmel dürfte somit eine vergleichsweise kostengünstige Miniatur gewesen sein, dennoch zeigt sie die typische Sorgfalt des Künstlers in der Modellierung des Inkarnats, in der Brillanz der Farben sowie in der Weichheit des Ausdrucks.2 Tatsächlich benötigte Augustin, will man seinem Schüler Louis Mélignan glauben, für die Inkarnatpalette nur drei Grundpigmente: Rot (Zinnober), Gelb, (Gelber Ocker) und Blau (Ultramarin).3 Um die in der Miniaturmalerei so häufig verwendeten, aber unbeständigen Farben tierischen und pflanzlichen Ursprungs zu ersetzen, suchte Augustin nach stabilen Pigmenten.Seine Werke sollten der Bleichung durch Licht möglichst gut widerstehen, und tatsächlich sind sie auch heute farblich noch wesentlich besser erhalten als die anderer Miniaturisten.
B. P.

Vergl. Augustins Einträge im "Carnet vert" mit einer Liste von Miniaturporträts und die dafür geforderten Preise, S. 70r-75r.
2 Eine unsignierte Version der Miniatur, gemalt von einem Schüler Augustins, wurde am 22.2.2017 bei Drouot, Paris, Nr. 77 verkauft (früher Sammlung Alphonse Kann, als von Augustin). Eine weitere von Augustins Schülerin Emma Dupuy wurde bei Drouot, Paris (Millon) am 21.6.2021, Nr. 114 angeboten.
Mélignan 1818, S. 5. Die drei genannten Pigmente sind tatsächlich sehr stabil. Mme Gastal-Laëderich hingegen, eine weitere Schülerin Augustins, spricht von mindestens 14 verschiedenen Pigmenten. (Gastal-Laëderich 1829, S.15)
Augustin 1862, S. 41-42. Zu Augustins Malmaterial vgl. auch Pappe 2015, S. 68-77.