Venus und Amor (nach Boucher)
Jacques Charlier
Mythologische Szenen und die Darstellung nackter Damen gehörten zu den bevorzugten Themen Charliers, der neben seinen Miniaturen insbesondere durch Kopien nach François Boucher hervorgetreten ist.1 Anmut und Sinnlichkeit sprechen aus dieser bezaubernden Szene. Die beiden mächtigen Liebesgottheiten der antiken Mythologie, Venus (Aphrodite) und Amor (Eros), sind in einem neckischen Spiel vereint.
Venus hat ihrem Sohn seinen Köcher mit Pfeilen entwendet. Der geflügelte Knabe versucht diese wiederzuerlangen, denn - schlau und ein wenig frech - kann er mit ihnen die Liebe entzünden. Ein auf Amor gerichteter Pfeil in Venus' linker Hand deutet darauf hin, dass auch dieser nicht davor gefeit ist - eine Anspielung auf die Erzählung »Amor und Psyche«. Sie handelt von der Liebe zwischen dem Liebesgott und der jungen schönen Königstochter und erfreute sich im 18. Jahrhundert großer Beliebtheit.
Die Darstellung lebt von der anmutigen und natürlichen Bewegtheit, die in beiden Göttern und ihrem Spiel miteinander zum Ausdruck kommt. Die Linie von den Fingern der rechten Hand bis zur Fußspitze der Venus bildet ein zweifache geschwungenes S im Zentrum des Bildes, in das sich der Körper des Amor fordernd hineinschmiegt. Die beiden ebenso bewegten turtelnden weißen Tauben am unteren Bildrand sind ein Attribut der Venus und spielen auf das Thema des Liebesspiels an.
J. S. O.