The Tansey Miniatures Foundation

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Marie Antoinette, Königin von Frankreich (?)

Ignazio Pio Vittoriano Campana

Die als Flussgöttin dargestellte, nur mit einem Schleier bekleidete Dame gehört zweifellos zu den originellsten Miniaturen des aus Turin gebürtigen Ignazio Pio Vittoriano Campana. Während die meisten seiner Werke – fast ausschließlich Bildnisse von Frauen – das Modell in einer standardisierten Pose zeigen, in der der Körper leicht nach rechts gewandt und der linke Arm auf einen Tisch gestützt ist,1 ruht das Modell hier im Wasser und verschränkt die Arme über dem Kopf eines Delfins. Als Attribute hält sie ein Bündel Schilf und einen Korallenzweig. Die breite Schnauze, die großen Nasenlöcher und die überdimensionierten, menschlich wirkenden Augen verraten, dass der Künstler das Tier nach einer Vorlage malte; vermutlich hat er die Meeressäuger nie in Wirklichkeit beobachten können.

Im Handel als Porträt einer Unbekannten angeboten, stellt die Miniatur vermutlich Königin Marie Antoinette dar.2 Der Vergleich mit gesicherten Porträts der Königin durch ihren Hofminiaturisten zeigt zwar nur eine oberflächliche Ähnlichkeit, doch glich Campana seine Modelle stärker als andere Maler einem Schönheitsideal an, so dass individuelle Züge kaum noch hervortreten. Für eine Benennung als französische Königin sprechen der Delfin(mit Dauphin wurde im Französischen der Thronfolger bezeichnet), der auf ihren 1781 geborenen Sohn Louis hinweisen dürfte, und der verästelte Korallenzweig, der ihre königliche Abstammung symbolisieren könnte. Auch die Provenienz des Werks – König Umberto II. von Italien – stützt diese These, denn seine Familie war mit dem französischen Königshaus verwandt:3 Die beiden Brüder Ludwigs XVI. heirateten zwei Töchter von Viktor Amadeus III. von Sardinien-Piemont.

B. P.

1 Vgl. Inv.-Nr. 10150.
2 Zu den Aufträgen Campanas von Marie Antoinette siehe den Aufsatz von Bernardo Falconi in: Pappe/Schmieglitz-Otten 2012, S. 97–99.
3 Bernardo Falconi hält eine Identifizierung als Marie Antoinette unter diesen Gesichtspunkten für durchaus wahrscheinlich. Für Jean-Jacques Petit hingegen besteht eine zu geringe Ähnlichkeit. Wir danken beiden herzlich für ihre Hinweise.