Dame in hellblauem Kleid
Jean-Baptiste Soyer
Die Dame in dieser Miniatur Soyers trägt ein leuchtend hellblaues Kleid, dessen Oberteil durch seinen jackettähnlichen Schnitt und die Knopfreihe an ein Reitkostüm erinnert. Es besitzt - wie auch der Frack zu jener Zeit - einen hohen, umgeschlagenen Kragen und ein breites Revers. Über der braungrauen Perücke trägt die Dame einen aus weißem Tuch gebundenen, turmartigen Turban mit seitlicher Schleife.
Soyer gestaltete den Hintergrund der Miniatur in demselben intensiven Farbton wie das Kleid. Dadurch ergeben sich nur wenige und etwas grelle Farbkontraste. Es ist nicht näher definiert, ob der Hintergrund nun eher einen Außen- oder Innenraum bedeuten soll - Soyer malte ihn aber vermutlich nur als dekorative Kulisse für das Frauenbildnis.
Auch wenn es nur wenige signierte Werke Soyers gibt, so ist doch sein Oeuvre sehr charakteristisch. Die Augenform, den lächelnden Mund und die Pose des Kopfes trifft man in fast allen seinen Miniaturen in ähnlicher Weise an. Typisch für die in der zweiten Hälfte der 1790er Jahre gemalten Werke sind außerdem die starke Rotfärbung der Lippen und die intensiv rot-orangefarbenen Gesichtsschatten. Im Unterschied zu anderen französischen Miniaturmalern malte Soyer den Hintergrund und die Haare des Modells häufig nicht in Gouachefarben, sondern in Aquarell. Den Hintergrund teilte er oft in eine dunkle untere und eine hellere obere Fläche ein, getrennt durch einen diagonal verlaufenden Farbübergang. Die Falten der Gewebe höhte der Künstler mit vielen scharf gemalten Linien in heller Deckfarbe und zeichnete einzelne Haare in langen Ritzlinien in die Frisuren der Dargestellten.1
B.P.