Herr in dunkelblauem Rock
Etienne Charles Le Guay
Das Bildnis des jungen Mannes in weißer Weste und blauem Rock malte Etienne Charles Le Guay zwar in der Miniaturtechnik in Wasserfarben auf Elfenbein, aber auf einem ungewöhnlich großen Malgrund. Dies erforderte einen beträchtlichen Mehraufwand: Die Zurichtung des Elfenbeinblattes war schwierig, denn es waren kaum Stoßzähne zu finden, deren Dicke 15 Zentimeter überstieg. Darüber hinaus waren große Elfenbeinblätter bei Klimaschwankungen besonders rissgefährdet und mussten sorgfältig auf einer Karton- oder Holzplatte fixiert werden.
Trotz dieser Hindernisse schufen gegen Ende des 18. und zu Beginn des 19. Jahrhunderts verschiedene Künstler großformatige Miniaturen. Manche malten sie ausschließlich zum Zweck, sie auf öffentlichen Ausstellungen zu präsentieren. Die Werke fielen durch ihr außergewöhnliches Format auf und verschafften den Malern dadurch die gewünschte Aufmerksamkeit des Publikums.1
Le Guay konzentrierte sich in seinem Porträt auf die Wiedergabe der Züge seines jugendlichen Modells. Er studierte die Gesichtsphysiognomie sehr genau: Der Dargestellte wirkt natürlich und, obwohl er unbewegt und scheinbar emotionslos zum Bildbetrachter blickt, sehr aufmerksam. Durch die dunkle Gestaltung des Hintergrunds und des Rocks leuchten sein Kopf und die Weste wie von innen beleuchtet hell hervor.
B. P.