Der Schlagzeuger
Pierre-Guillaume Boëlle
In dieser außergewöhnlich großen Miniatur stellte Pierre-Guillaume Boëlle1 einen Trommler in exotischer Tracht dar: Der muskulöse Mann trägt ein buntes Federkleid mit breitem Gürtel und einen ebenfalls mit langen Federn besetzten Hut. Sein Oberkörper ist nackt, den Umhang hat er locker am Rücken befestigt. Der Wilde ist festlich geschmückt: Ohrgehänge aus roten Perlen und eine dazu passende Kette zieren Kopf und Hals. Auf drei Kesselpauken, einer Trommel und einem Triangel begleitet er musikalisch einen kultischen Anlass, den er aufmerksam beobachtet. Eine weitere aufrecht angebrachte Trommel mit einem Glockenspiel hängt neben ihm an einem Baumstamm. Im Hintergrund deuten Bäume und eine Küste eine ferne Gegend an.
Die Darstellung illustriert vermutlich eine Szene aus einem damals erfolgreichen Roman oder Theaterstück. Die westliche Physiognomie des Mannes legt nahe, dass hier kein Eingeborener dargestellt ist, sondern ein Europäer, der aus unbekannten Gründen die örtlichen Sitten annimmt. Die Faszination für ferne Welten, abweichende Sitten und Lebensweisen spiegelte sich in zahlreichen Reiseberichten, die heimgekehrte Abenteurer und Forscher verfassten und publizierten.2 Sie regten die Phantasie von Schriftstellern, Komponisten und Künstlern an und fanden mehr oder weniger realitätsnah Eingang in ihre Schöpfungen.
B. P.