The Tansey Miniatures Foundation

The Tansey Miniatures Foundation

Der Schlagzeuger

Pierre-Guillaume Boëlle

In dieser außergewöhnlich großen Miniatur stellte Pierre-Guillaume Boëlle1 einen Trommler in exotischer Tracht dar: Der muskulöse Mann trägt ein buntes Federkleid mit breitem Gürtel und einen ebenfalls mit langen Federn besetzten Hut. Sein Oberkörper ist nackt, den Umhang hat er locker am Rücken befestigt. Der Wilde ist festlich geschmückt: Ohrgehänge aus roten Perlen und eine dazu passende Kette zieren Kopf und Hals. Auf drei Kesselpauken, einer Trommel und einem Triangel begleitet er musikalisch einen kultischen Anlass, den er aufmerksam beobachtet. Eine weitere aufrecht angebrachte Trommel mit einem Glockenspiel hängt neben ihm an einem Baumstamm. Im Hintergrund deuten Bäume und eine Küste eine ferne Gegend an.

Die Darstellung illustriert vermutlich eine Szene aus einem damals erfolgreichen Roman oder Theaterstück. Die westliche Physiognomie des Mannes legt nahe, dass hier kein Eingeborener dargestellt ist, sondern ein Europäer, der aus unbekannten Gründen die örtlichen Sitten annimmt. Die Faszination für ferne Welten, abweichende Sitten und Lebensweisen spiegelte sich in zahlreichen Reiseberichten, die heimgekehrte Abenteurer und Forscher verfassten und publizierten.2 Sie regten die Phantasie von Schriftstellern, Komponisten und Künstlern an und fanden mehr oder weniger realitätsnah Eingang in ihre Schöpfungen. 
B. P.

1 Die Vornamen und Lebensdaten dieses Künstlers kamen erst 2015 ans Licht. Siehe Valérie Pézé, Annie Delatte, Nathalie Lemoine-Bouchard, „Pierre-Guillaume Boëlle (alias Bouelle) (Perriers-sur-Andelle, mai 1756 – Paris, 22 janvier 1852), une carrière reconstruite… ou presque", in: La Lettre de la Miniature, Nr. 27, Januar 2015, 3 – 7. Obwohl sich das Werk als Hingucker im Pariser Salon geeignet hätte, scheint es Boëlle nicht ausgestellt zu haben. 
2 Vgl. beispielsweise den von Jérôme Richard verfassten und 1801 von François Babié publizierten Bericht »Voyages chez les peuples sauvages, ou, L’homme de la nature«.